MeisterernennungAm 16.07.2020 wurde mir von Großmeister Kernspecht die Urkunde zum 5. Meistergrad WingTsun überreicht. Dies ist für jeden WingTsun-Schüler ein besonderes Ereignis. Die ersten 4 Höheren Grade, werden auch als Lehrergrade bezeichnet, ab dem 5. Höheren Grad, werden sie Meistergrade genannt. Neben der Bezeichnung ändert sich hiermit, aber auch erkennbar die T-Shirtfarbe. Das Shirt ist dann statt weiß mit ein wenig rot, rot mit ein wenig weiß.

Ich freue mich, dass ich nach fast 25 Jahren Mitgliedschaft (Eintrittsdatum September 1995) in der EWTO diesen Grad erreicht habe. Da man sich selbst Ziele setzen muss, habe ich mir zwei gesetzt gehabt.

  • Meister im WingTsun
  • Meister im Escrima

Das erste meiner Ziele habe ich nun erreicht. Trotzdem wird es auch im WingTsun immer für mich weitergehen, denn Kampfkunst und gerade WingTsun ist lebenslanges Lernen und dadurch stetiger Fortschritt.

Ich möchte mich für dieses Ziel aber auch bei einigen Personen bedanken, ohne die das Erreichen niemals möglich gewesen wäre. Da ich nicht einfach nur Namen aufzählen möchte, folgt nun ein persönlicher Text.

1. Seesen

Los geht es hier tatsächlich mit meinen Eltern, die im Jahr 1995 die Idee hatten mich in Seesen in eine WingTsun-Schule zu schicken. Schulleiter dort war Thomas Dietrich, der dadurch zu meinem Si-Fu (väterlicher Lehrer) wurde. Auch wenn ich damals ein Kind mit vielen „anstrengenden“ Fragen war, so bin ich ihm bis heute für sehr vieles dankbar.

Meinen ersten Kontakt mit Großmeister Kernspecht hatte ich dann im Jahr 1996 als ich den 3. Schülergrad machen sollte. Aus Sicht eines, damals 8-jährigen, Kindes war es mir  unverständlich, dass hochgraduierte Schüler nach „hohen“ Techniken oder einem südlichen Shaolin-Kloster fragten. Mich hatten vielmehr die Haustiere von SiGung (großväterlicher Lehrer) interessiert.

Nachdem ich 2001 den 9 Schülergrad innehatte, musste ich verletzungsbedingt (Armbruch beim Fußball) einige Zeit aussetzen. In dieser Zeit hatte ich die Lust am WingTsun für mich verloren. Meine Interessen lagen in dieser Zeit beim Schießsport (dort habe ich es temporär sogar in den niedersächsischen Landeskader geschafft). Meine Eltern waren aber „so lieb“ und haben mich weiter zum WingTsun geschickt. Damals hatte es sich für mich so angefühlt, dass wir jedes Training „immer das Gleiche“ gemacht haben. Als 14-Jähriger habe ich den Sinn hinter diesen vielen Wiederholungen leider nicht vollständig verstanden gehabt.
Weiterhin sind die anderen Jugendlichen immer dienstags, als Übergang mit ins Erwachsenentraining gegangen, welches durch Torben Sander geleitet wurde. Da ich dienstags nicht konnte, aufgrund des Schießtrainings, hat dies leider nicht zu meiner Motivation beigetragen.

Eines Tages kam dann Si-Fu auf mich zu, ob ich nicht einmal bei den kleinen Kindergruppen aushelfen könne, er habe einen wichtigen Termin und Andreas Marktwort wäre dann nicht allein und hätte jemanden zur Unterstützung. Dies hat mir so viel Spaß gemacht, dass ich im Laufe der Zeit alle Kindertrainingseinheiten unterstützt habe.

Auch für das Erwachsenentraining gab es eine Lösung. Ich durfte anfänglich donnerstags, später dazu auch montags zum Unterricht von Torben Sander hinzukommen. So habe ich mit der Zeit fast jeden Tag in der WT-Schule in Seesen verbracht.

Sifu Thomas Dietrich wusste, dass ich mich auch schon immer für das Kämpfen mit Waffen interessiert habe, Escrima war und ist aber eigentlich erst ab 16 Jahren. Da er mich aber inzwischen schon lange kannte hatte ich das Glück mit 14 beim Escrima anfangen zu dürfen.

Beim Erwachsenentraining musste ich mich zunächst ganz schön quälen. Auch wenn ich schon den 9. Schülergrad hatte, so konnte ich körperlich mit den meisten Erwachsenen nicht mithalten. Auch das ist ein Grund warum es heute gut ist das die Kinder Zeit haben zunächst die Kids-Grade zu lernen und dann ins Erwachsenentraining übergehen. So haben sie Zeit um Formen und Techniken in Ruhe und in geschütztem Rahmen zu lernen.

Das Ausdauertraining am Ende und die vielen Liegestütz waren doch etwas anderes als beim Kindertraining. Aber auch hier war stetiges Training die Lösung des Problems.

Durch das klassische WT beim Kindertraining bei Si-Fu und dem modernen Erwachsenentraining bei Torben kam ich dann auch schnell in den Schülergradprogrammen weiter. So dass ich den 12. Schülergrad im Jahr 2004 erreichen konnte.

2. Erster Lehrergrad

Durch Torben wurden wir dann zielgerichtet auf die Prüfung für den 1. Lehrergrad vorbereitet. Dazu war jedoch der Besuch von 2 Trainerlehrgängen in Kiel notwendig. So habe ich im Januar 2005 das erste Mal WingTsun-Meister sehen können.

Der Lehrgang wurde damals geleitet von Sifu Roland Liebscher-Bracht, Sifu Peter Vilimek, Sifu Andreas Groß, Sifu Oliver König und Sifu Guiseppe Schembri und natürlich Großmeister Kernspecht.

Am meisten beeindruckt hat mich aber an diesem Wochenende Sifu Guiseppe Schembri. Ich habe mehrfach gedacht, wie kann so ein relativ kleiner Mensch so schnell sei. Es war damals schon beeindruckend zu sehen, wie man sich so bewegen kann und so für etwas brennt. Damals habe ich mir gedacht: „So muss man als Meister“ sein. Anzumerken ist, dass der heutigen Großmeister Oliver König an diesem Wochenende „nur“ Theorie unterrichtet hat.

Ich habe in den beiden Jahren danach, auch jeweils Ende Januar die Trainerscheine 1 und 2 in Kiel absolviert. Schön war es dabei jedes Jahr die gleichen Leute aus anderen Schulen in ganz Deutschland zu sehen und wiederzutreffen. Insbesondere habe ich so jedes Jahr die gleichen Schüler von Sifu Ri-Chi (Hildesheim) und Sifu Rudi (Hannover-Linden) wiedersehen dürfen.

Den ersten Teil von der Prüfung zu meinem ersten Lehrergrad hat mir Sifu Thomas Schrön in Hildesheim in der Schule von Sifu Ri-Chi abgenommen. Ich weiß noch wie Sifu Thomas fragte: „Wer ist hier der Schüler von Torben, der heute Prüfung macht?“.
Nachdem ich den damals üblichen, anstrengenden Teil für den 12. Schülergrad mitmachen durfte und körperlich gut am Ende war, durfte ich dann die SiuNimTao und ChamKiu-Formen vormachen. Mit zitternden Armen (vor Erschöpfung).

Zwischendurch hatte Sifu Thomas mit den Doppelmessern einige Bewegungen in die Luft gemacht, was auch sehr beeindruckend war. Neben der harten Prüfung war es auch ein sehr beeindruckender Lehrgang. Damals habe ich auch für mich entschieden, dass man auf jeden Fall öfter zu den Lehrgängen von Sifu Thomas gehen muss.

Der zweite Teil vom 1. Lehrergrad wurde mir dann von Großmeister Kernspecht in der Schule von Sifu Reiner in Hannover abgenommen. Es war damals schon ein unglaubliches Gefühl von Großmeister Kernspecht lernen zu dürfen. Aber egal wie sehr man sich angestrengt hatte, man blieb bei ihm chancenlos.

 

3. Hannover

Aufgrund meines Studiums musste ich Seesen im Jahr 2007 leider verlassen. In dieser Zeit bin ich noch jeden Freitag nach Seesen gefahren, um Si-Fu beim Kinderunterricht helfen zu können. Auch bin ich nach Möglichkeit, an den Wochenenden zu jedem Escrima-Unterricht nach Seesen gefahren.

Peter Weiß und ich hatten das Glück, dass wir in der Schule von Sifu Rudi immer dienstags Escrima unterrichten konnten. WingTsun-Unterricht selbst gab es in dieser Zeit leider wenig für mich. Zum Unterricht von Sifu Rudi unter der Woche habe ich es selten geschafft, aufgrund des Studiums und der entsprechenden Fahrtzeit.

Im Jahr 2010 kam Jörn Jost auf die Idee, dass er gern eine eigene Schule eröffnen würde. Dabei wollte er Peter Weiß und mich gern dabeihaben. Peter wollte jedoch keine weitere feste Verantwortung übernehmen, so dass die Schule durch Jörn und mich eröffnet wurde.
Jörn hatte kurze Zeit vorher seine spätere Ehefrau Jantje kennengelernt und ich Sarah.

So hatten wir immer zwei Frauen hinter uns die uns unterstützt haben, aber uns auch manches Mal den Kopf gewaschen und uns in die richtige Richtung gelenkt haben.

Für Prüfungslehrgänge haben wir uns mehrmals im Jahr Sifu Thomas Schrön als Gastlehrer eingeladen. Über die Zeit wurde Sifu Thomas so zu meinem Lehrer. Zwischenzeitlich war eigentlich der Plan, dass sich Jörn weiter um das WT Training kümmert und ich mich auf das Escrima-Training spezialisiere. Da Jörn und Jantje, aber Deutschland den Rücken gekehrt haben und nach Norwegen ausgewandert sind, musste ich mich „zwangsweise“ im WT weiterbilden.

So wie es bereits Sifu Thomas Dietrich geschafft hat, als ich ein kleines Kind war, so hat es Sifu Thomas Schrön geschafft, mich weiterhin zu motivieren. So konnte ich durch den Unterricht von Sifu Thomas Schrön den 3. Und 4. Lehrergrad erreichen. Und bin dank ihm 2014 selbst zum Sifu ernannt worden.

Das einzige was ich bedauere ist, dass ich es aufgrund von Arbeitszeiten nicht öfter zu ihm nach Aschaffenburg zu seinen 10 Stundenlehrgängen schaffe. Trotzdem bin ich ihn für jeden Tipp und jede Unterrichtsstunde dankbar.

UrkundeSo hat Thomas Schrön, der mittlerweile zum Großmeister geworden ist, es geschafft mich 2019 auf Mallorca erneut zu motivieren. Ich habe im Rahmen des Mallorca-Lehrganges versucht einen Prüfungsteil für den 5. Meistergrad bei Großmeister Kernspecht abzulegen. Wir haben die gesamte Woche an einer Übung gearbeitet.
Es hat dabei so in mir gearbeitet, dass ich nachts wach geworden bin und zu meiner Frau meinte, dass ich jetzt die Lösung habe und es ihr zeigen wollte (komischerweise wollte sie weiterschlafen). Am 5. Tag des Trainings war ich echt frustriert, dass es gefühlt eher schlechter als besser wurde, nach einer Privatstunde mit GM Thomas ging es mir aber besser, da ich angefangen habe das Problem zu verstehen. Am 6. und letzten Tag habe ich dann auch erfolgreich die Prüfung bei Großmeister Kernspecht erfolgreich bestanden.

 

Ich möchte an dieser Stelle meinen Si-Fu zitieren: „Wer kann Dir Escrima beibringen?“
Die Antwort ist: „Ich selbst“.

Das gleiche gilt aus meiner Sicht auch fürs WingTsun, aber man braucht Lehrer die Inspirationen geben und einen individuell auf seinen Weg begleiten.

Wie bereits beschrieben habe ich beiden, verdienten Großmeistern, mit dem Namen Thomas viel zu verdanken! Der eine begleitet mich seit nunmehr 25 Jahren und hat das Prädikat väterlicher Lehrer mehr als verdient! Ich konnte mich immer an ihn wenden und habe ihm viel zu verdanken. Der andere begleitet mich jetzt seit 14 Jahren, aber wie beschrieben hat er meinen WingTsun-Weg maßgeblich mitbestimmt.  Aber auch von einem Torben Sander (auch wenn er es nicht hören will) habe ich mehrere Jahre lang viel gelernt. In den letzten Jahren habe ich auch das Glück gehabt mehrfach von GM Guiseppe Schembri lernen zu dürfen. Es ist bewundernswert mit welchem Enthusiasmus und stets einem Lächeln auf den Lippen er WingTsun lebt und unterrichtet, ich freue mich stets von ihm lernen zu dürfen.
Gleiches gilt natürlich auch für Großmeister Kernspecht. Ohne ihn gäbe es keine EWTO, ohne ihn hätte keine der genannten Personen jemals WingTsun kennengelernt und ohne ihn gäbe es keine ständige Weiterentwicklung. Es ist jedes Mal eine besondere Ehre von ihm lernen zu dürfen.

Aber neben guten Lehrern sind auch gute Trainingspartner wichtig, mit denen man offen und ehrlich trainieren und sich gegenseitig verbessern kann. Danke an alle Trainingspartner, mit denen ich die letzten Jahre trainieren durfte. Über lange Jahre begleitet mich dabei ein Peter Weiß, ein Andre Walther (der ScherenGan tut mir leid!) seit vielen Jahren in Hannover Ekki Stein, immer wieder auf guten Lehrgängen ein gewisser Pana und unendlich viele mehr.

Neben guten Trainingspartnern sind als Lehrer aber auch gute Schüler wichtig. Denn was wäre ein Lehrer ohne Schüler? Durch die Fragen der Schüler wird man selbst stetig besser, weil man sich Gedanken machen muss, um die Fragen zu beantworten. Ich möchte an dieser Stelle all meinen Schülern und Schülerinnen DANKE sagen, denn egal ob aus Seesen, Hannover, Bissendorf oder von noch weiter her auch ihr seid ein Teil meines Weges und meiner Motivation.

 

Ein letztes, aber mitunter das wichtigste Danke geht aber an meine wundervolle Frau Sarah. Seit genau 10,5 Jahren „erträgt“ sie tapfer meine Leidenschaft für WingTsun und Escrima und gibt mir die nötige Deckung, dass ich „mal eben schnell“ auf einen Lehrgang gehen kann und sie sich dann um unsere Kinder kümmert. Wobei sie selbst auch schon den 2. Lehrergrad erreicht hat und eine ernstzunehmende Trainingspartnerin ist.

 

Abschließen möchte ich mit einem Zitat von GM Guiseppe: „Mit dem 5. Meistergrad ist man Meister im Anfängerstadium“. Der Weg geht somit noch lange weiter 😊